#46

RE: Verkehrsmittel

in Diverse Nachrichten 09.04.2018 22:58
von Jackdaw | 454 Beiträge

Zitat von woipe im Beitrag #41
und du meinst[,] es war in der vergangenheit der richtige weg, die bilanzen der ag auf diese weise aufzupimpen? […]
Bilanztechnisch ist das kein "Aufpimpen" - es ist bitterste Notwendigkeit, sich vom gewissermaßen unproduktiven Grundbesitz zu trennen, wenn das Kerngeschäft schon nicht in der gewünschten Weise Einnahmen erzielt. Das ist übrigens einer der Kernpunkte, weswegen die Bahn als Hauptverkehrsmittel vor Jahrzehnten bereits ausgedient hat. Ihre Nutzung ist streckengebunden, selbst bei Einhaltung der Fahrpläne wird, wer mehr als eine Zugverbindung nutzt, etliche Wartezeiten in Kauf nehmen müssen; bei Mitnahme von Gepäck wird die Reise (und erst die Umsteibemanöver!) beschwerlich - für die Reisedauer ist die Privatsphäre nicht gewährleistet. Und für die Bahngesellschaft bedeutet jeder Streckenbau, jede Instandsetzungsarbeit, der normale Bahnbetrieb enorme Kosten. Das ist der Grund, weswegen mit Gründung der Bahn-AG die betriebliche Dreiteilung aus Personenverkehr, Güterverkehr und Streckennetz erfolgte. Nur über den Trick, das Netz als eigenständigen Betriebsteil zu betreiben und das Befahren der Strecken also den unterschiedlichen Bahngesellschaften, die den Zuschlag erhalten haben, in Rechnung zu stellen, lassen sich die Verluste wenigstens im noch politisch tragbaren Rahmen halten.
Zitat von woipe im Beitrag #41
[…] schön, dass du in diesem zusammenhang auch auf stuttgart21 verwiesen hast […]
Wie gesagt: Stuttgart 21 ist allerdings kein nahverkehrsspezifisches Thema.


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#47

RE: Verkehrsmittel

in Diverse Nachrichten 10.04.2018 00:12
von woipe (gelöscht)
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@ jackdaw

ich sehe es durchaus als ein aufpimpen. auch wenn es sich um eine bilanztechnische notwendigkeit handelt, so geht es letztlich um die aktionäre, deren säckel gefüllt werden muss. der einfachheit halber könnte man die immobilien gleich den aktionären überschreiben... das wäre dann wenigstens ehrlich...

über die vor- und nachteile des verkehrsmittels bahn, in welcher form auch immer, brauchen wir an sich nicht diskutieren. die dürften landläufig bekannt sein. genauso wie die konsequenzen, die die menschen daraus ziehen.
eines ist in diesem zusammenhang jedoch schon einer erwähnung wert. du schreibst von der privatsphäre, die für die reisedauer nicht gewährleistet ist. deswegen fahren ja alle allein in ihrem auto in die arbeit oder sonst wo hin und erzeugen auf diese weise diese massen an abgasen, die letztlich der anlass für diese diskussion sind. sind wir wirklich alle zu ungeselligen einzelgängern auf gedeih und verderb geworden?


"nichts habe ich mir fester zum grundsatz gemacht, als meine lebensführung nicht nach euren vorurteilen zu gestalten." seneca
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#48

Das ist jetzt aber ein kleiner Exkurs

in Diverse Nachrichten 10.04.2018 02:17
von Jackdaw | 454 Beiträge

Zitat von woipe im Beitrag #47
ich sehe es durchaus als ein aufpimpen. auch wenn es sich um eine bilanztechnische notwendigkeit handelt, so geht es letztlich um die aktionäre, deren säckel gefüllt werden muss […]
Nein, es geht nicht um Gewinnausschüttungen, sondern um die Fähigkeit, den eigentlichen Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten.

Und der Wandel der Reisementalität wäre ebenfalls ein Thema, mit dem man eine komplette Bücherwand füllen könnte - und das doch nicht so recht zum Nahverkehr passt, denn die täglichen Zeiten der ÖPNV-Nutzung werden ja nicht als Reisebewegungen empfunden oder wahrgenommen, sondern meist als notwendiges Übel, als verlorene Zeit oder bestenfalls als Gelegenheit, sich mit dem Smartphone demonstrativ zu beschäftigen… 

Die Fahrten werden lediglich als Mittel, innerhalb einer festen Zeitspanne das Fahrtziel zu erreichen unternommen. Und das jeweilige Fahrtziel wird zumeist von anderen Notwendigkeiten (Familien- oder Arztbesuche, Behörden- oder Geschäftstermine, Pendelfahrten zum Arbeitsplatz oder Heimfahrten) - kaum ein Mensch wird sich einfach zum Spaß in ein Verkehrsmittel des örtlichen ÖPNV-Anbieters setzen, bloß um die Strecke kennenzulernen oder aus Spaß daran, mit den anderen Fahrgästen ins Gespräch zu kommen… 

Und gerade in großstädtischen Verkehrsmitteln wird man während der morgendlichen Stoßzeiten überwiegend übermüdete Fahrgäste ihren Tageswerk entgegenstreben sehen, und am späten Nachmittag ausgelaugte und erschöpfte Durchschnittsmenschen, die hoffen, nach Heimkehr ein wenig Erholung zu finden - und deren "Feierabend" bzw. Privatleben jene Hoffnung allzu oft nicht erfüllt.

Die Menschenmenge, deren Teil man in den Fahrzeugen und an den Umsteigehaltestellen des ÖPNV ist, ist keine Reisegesellschaft - es ist ein amorphes Gedränge hoher Fluktuation, in dem zu wiederkehrenden Zeiten irgendwann bekannte Gesichter auszumachen sind.


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#49

RE: Das ist jetzt aber ein kleiner Exkurs

in Diverse Nachrichten 10.04.2018 09:30
von woipe (gelöscht)
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Zitat von Jackdaw im Beitrag #48
Zitat von woipe im Beitrag #47
ich sehe es durchaus als ein aufpimpen. auch wenn es sich um eine bilanztechnische notwendigkeit handelt, so geht es letztlich um die aktionäre, deren säckel gefüllt werden muss […]
Nein, es geht nicht um Gewinnausschüttungen, sondern um die Fähigkeit, den eigentlichen Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten.


dazu haben wir ganz offensichtlich unterschiedliche sichtweisen.

Zitat von Jackdaw im Beitrag #48
Und der Wandel der Reisementalität wäre ebenfalls ein Thema, mit dem man eine komplette Bücherwand füllen könnte - und das doch nicht so recht zum Nahverkehr passt, denn die täglichen Zeiten der ÖPNV-Nutzung werden ja nicht als Reisebewegungen empfunden oder wahrgenommen, sondern meist als notwendiges Übel, als verlorene Zeit oder bestenfalls als Gelegenheit, sich mit dem Smartphone demonstrativ zu beschäftigen… 


irgendwie lustig, wenn die reisementalität hier im bezug auf den öpnv nun zum thema wird. auch im fernverkehr der bahn, bei busreisen, flugreisen... der weg ist nicht mehr das ziel, sondern eben nur der weg zum ziel. wer setzt sich schon in ein flugzeug, um die schönen wolken erkunden zu wollen...
bei radreisen oder vielleicht auch bei ausgewählten schiffsreisen, ist vielleicht noch der weg das ziel.
auch bei autofahrern geht es ansich auch schon lange nicht mehr um den weg. welchen autofahrer interessiert schon die landschaft, durch die er fährt. raser, drängler, oder sonstige rüpeleien auf den straßen besagen doch nur, dass es eigentlich um die ausschüttung von adrenalin geht. das ist urlaub in der spaßgesellschaft. dem spaß hat sich alles unterzuordnen...
versteh mich nicht falsch. ich habe nichts gegen spaß, im gegenteil, aber ich habe etwas dagegen, wen er zum maß der dinge erhoben wird. was ist denn aus dem guten: im schweiße deines angesichts geworden? wenn wir schon ein christlich geprägtes land sind, sollten wir uns unsere wurzeln bewußt werden... (sorry - kleiner seitenhieb auf die religiös motivierten debatten hier im forum - sollte in diesem strang auch nicht weiterverfolgt werden...)
nein - der weg ist in aller regel nicht mehr das ziel.

Zitat von Jackdaw im Beitrag #48
Die Fahrten werden lediglich als Mittel, innerhalb einer festen Zeitspanne das Fahrtziel zu erreichen unternommen. Und das jeweilige Fahrtziel wird zumeist von anderen Notwendigkeiten (Familien- oder Arztbesuche, Behörden- oder Geschäftstermine, Pendelfahrten zum Arbeitsplatz oder Heimfahrten) - kaum ein Mensch wird sich einfach zum Spaß in ein Verkehrsmittel des örtlichen ÖPNV-Anbieters setzen, bloß um die Strecke kennenzulernen oder aus Spaß daran, mit den anderen Fahrgästen ins Gespräch zu kommen… 

Und gerade in großstädtischen Verkehrsmitteln wird man während der morgendlichen Stoßzeiten überwiegend übermüdete Fahrgäste ihren Tageswerk entgegenstreben sehen, und am späten Nachmittag ausgelaugte und erschöpfte Durchschnittsmenschen, die hoffen, nach Heimkehr ein wenig Erholung zu finden - und deren "Feierabend" bzw. Privatleben jene Hoffnung allzu oft nicht erfüllt.

Die Menschenmenge, deren Teil man in den Fahrzeugen und an den Umsteigehaltestellen des ÖPNV ist, ist keine Reisegesellschaft - es ist ein amorphes Gedränge hoher Fluktuation, in dem zu wiederkehrenden Zeiten irgendwann bekannte Gesichter auszumachen sind.


in frankreich kennt man einen schönen spruch dafür: métro - boulot - dodo
oder formuliere es auch gerne deutsch: das hamsterrad des alltags.

aber inhaltlich sind wir jetzt schon ziemlich ab vom schuß.
letztlich geht es doch um die überlegung, wie wir diese menschen dazu bewegen können, ihre pendelbewegungen mit dem öpnv zu machen und das auto stehen zu lassen. an der allgemeinen alltagssituation werden wir nichts ändern können. welche schrauben wären denn noch zum drehen da, damit wir den autoverkehr reduzieren und den öpnv stärken können?


"nichts habe ich mir fester zum grundsatz gemacht, als meine lebensführung nicht nach euren vorurteilen zu gestalten." seneca


zuletzt bearbeitet 10.04.2018 09:38 | nach oben springen

#50

RE: Das ist jetzt aber ein kleiner Exkurs

in Diverse Nachrichten 10.04.2018 10:18
von Jackdaw | 454 Beiträge

Zitat von woipe im Beitrag #49
[…] bei radreisen oder vielleicht auch bei ausgewählten schiffsreisen, ist vielleicht noch der weg das ziel. […]
Eigentlich auch längst nicht mehr - des Radlers Motivation, sich für sein per Muskelkraft bewegtes Veloziped zu entscheiden, entspringt zumeist ja dem Bedürfnis, sich sportlich zu betätigen - die zurückgelegte Strecke richtet sich dann nach seiner Ausdauer. Und die gegenwärtig so beliebte Kreuzfahrt entspricht eher dem Bedürfnis, dem gewohnten Lebensumfeld auf Zeit zu entfliehen (etwa wie im Cluburlaub), den Luxus ständiger Bewirtung "zu genießen" und beim Landgang die Exotik fremder Länder, meist solcher, die man aus dem Geschichtsunterricht, aus Filmen oder Romanen "kennt" mal mit eigenen Augen zu sehen. Das Reiseerlebnis reduziert sich so zur Bestätigung der Versprechen aus dem Urlaubskatalog… 
Zitat von woipe im Beitrag #49
[…] letztlich geht es doch um die überlegung, wie wir diese menschen dazu bewegen können, ihre pendelbewegungen mit dem öpnv zu machen und das auto stehen zu lassen. […]
Nun, bei Nutzung des eigenen Pkw ist der Pendler ja noch insoweit Reisender, als er wenigstens dem Verkehrsgeschehen Aufmerksamkeit widmen muss, den Fahrtweg nach eigenem Ermessen und situationsabhängig wählt. Bei Nutzung des ÖPNV hingegen ist er nur Transportgut. Und wenn, unter'm Vorwand, der Mensch täte damit "der Umwelt" einen Gefallen, entlaste die Straßen vom Fahrzeugaufkommen, politisch die ÖPNV-Nutzung "empfohlen" oder mittels verkehrsflusshemmender Ampelschaltungen de facto "nahegelegt" wird, dann ist der einzige Nutznießer dieser Bestrebungen das Konglomerat von Unternehmen, die den örtlichen Bus- und Bahnbetrieb organisiert und gewährleistet.


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